Man kann es riechen. Im allgemeinen gilt Wasser als geruchlos. Aber man kann es riechen. Ich kann mich an den Geruch verschiedener Flüsse und Meere erinnern. Und auch wenn es nicht das Wasser selbst ist, das so riecht, sondern nur die Verbindung von Wasser mit etwas anderem, so ist doch das Schöne an diesen Gerüchen, an die ich mich erinnere, dass es Gerüche des Wassers sind. Ich erinnere mich, wie es nach fließendem, strömendem, lebendigem Wasser riecht. Genauso wie es umgekehrt totes Wasser ist, das stinkt. Wenn nach einer langen Zeit der Trockenheit zum ersten Mal wieder Regen fällt und wir hinaus auf die Straße treten, dann wirkt die Luft nicht nur frischer und wie gereinigt. Sie ist voll von Gerüchen. Der auf dem Asphalt verdampfte Regen, die getränkte Erde, das Gras, das Laub, alles fängt nach diesem Wasserguss wieder an zu riechen. 

Vom Wasser (John von Düffel)

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Nichts vermochte die Vitalität dieses Jungen auszulöschen, dessen schlanker kleiner Torpedo von einem unbeschädigten Körper einst auf den hohen Atlantikwellen hundert Meter weit durch den wilden Ozean zur Küste geschossen war. Oh, diese Unbekümmertheit und der Geruch des Salzwassers und die sengende Sonne! Tageslicht, dachte er, Licht, das überall hindrang, ein Sommertag nach dem anderen voll von diesem Licht, das auf der lebendigen See gleißte, ein optischer Schatz, so unermesslich und kostbar, als betrachte er durch die mit den Initialen seines Vaters versehene Juwelierlupe diesen vollkommenen, unermesslich kostbaren Planeten selbst - bei sich zu Hause den billionen-, den trillionen-, den quadrillionenkarätigen Planeten Erde! Er sank hinunter, fühlte sich aber alles andere als besiegt, ganz und gar nicht dem Untergang geweiht, nur darauf aus, wieder Erfüllung zu erleben, und dennoch wachte er nicht mehr auf.

Jedermann (Philipp Roth)