Plötzlich kommen Vincent die Tränen. Er gibt jedoch keinen Laut von sich und starrt weiter auf den Fernseher, als ob er es vor mir verheimlichen will. Ich umarme ihn, und erst da fängt er richtig an zu weinen. Nach einer Weile hat er sich wieder beruhigt und ist eingeschlafen. Ich schaue längst nicht mehr fern, sondern nur auf ihn. Habe wieder die alten Bilder vor mir: Wie ich nach dem Tod meiner Eltern allein in meinem Internatszimmer sitze, noch mit Schnee in den Haaren. Wie ich unsicher auf dem Pausenhof stehe und die anderen Kinder beim Spielen beobachte. Wie es mich davontreibt, fort, fort, fort. Ich sehe mich selbst so sehr in diesem Jungen, dass es mich schmerzt.

Vom Ende der Einsamkeit (Benedict Wells)

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Dieser übergesetzliche Notstand ist weder im Grundgesetz noch im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen geregelt. Darin erkennt das Gericht einen Wertungswiderspruch, den es nicht hinnehmen möchte: Handelt nämlich ein Tier egoistisch, will es also "nur" sich oder nahe Verwandte retten, entschuldigt ihn das Gesetz - handelt er hingegen selbstlos, stellt er sich gegen das Gesetz. Einen egoistischen einem selbstlosen Täter vorzuziehen ist jedoch weder vernünftig, noch entspricht es den Zielen unseres Zusammenlebens.

Terror (Ferdinand von Schirach)