Ein böiger Wind  trieb den Regen an die großen Scheiben des Zimmers. Die Lampen an den Oberleitungen schaukelten im Sturm und tauchten die Straße in ein unruhiges Licht. Ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern fuhr langsam vorbei. An den Auslegern der Baukräne leuchteten kleine Punkte.
Die einzige Lichtquelle im Zimmer war Davids Bildschirm. Er saß davor und starrte auf das senkrechte Strichlein. Schreib schon, schreib schon, blinkte es.
David legte die kleine Schatulle mit dem blauen Saphir neben die Tastatur und begann zu schreiben:

Das ist die Geschichte von David und Marie. Lieber Gott, lass sie nicht traurig enden.

Lila, Lila (Martin Suter)

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Für das Herz ist das Leben einfach: Es schlägt, solange es kann. Dann stoppt es. Früher oder später, an dem einen oder anderen Tag, hört seine stampfende Bewegung ganz von alleine auf, und das Blut fließt zum niedrigsten Punkt des Körpers, wo es sich in einer kleinen Lache sammelt, von außen sichtbar als dunkle feuchte Fläche unter der beständig weißer werdenden Haut, während die Temperatur sinkt, die Glieder erstarren und die Gedärme sich entleeren.

Sterben (Karl Ove Knausgard)