O Schlangenherz, von Blumen überdeckt!
Wohnt’ in so schöner Höhl’ ein Drache je?
Holdsel’ger Wütrich! Engelgleicher Unhold!
Ergrimmte Taube! Lamm mit Wolfesgier!
Verworfne Art in göttlicher Gestalt!
Das rechte Gegenteil dessen, was mit Recht
Du scheinest: ein verdammter Heiliger!
Ein ehrenwerter Schurke! – O Natur!
Was hattest du zu schaffen in der Hölle,
Als du des holden Leibes Paradies
Zum Lustsitz einem Teufel übergabst?
War je ein Buch, so arger Dinge voll,
So schön gebunden? O, dass Falschheit doch
Solch herrlichen Palast bewohnen kann!

Romeo und Julia (Shakespeare)

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Diese Geschichte, die ihm noch immer das Herz zerreißt, wie man sagt, auch wenn er es nicht sagen würde, nur hier ausnahmsweise, womit hätte er sie begonnen? Vielleicht mit den Schritten vor seiner Tür und den Zweifeln, ob das überhaupt Schritte waren oder wieder nur etwas aus einer Unruhe in ihm, seit er nicht mehr das Chaos von anderen verbesserte, bis daraus ein Buch wurde. Also: Waren das Schritte, abends nach neun, wenn hier im Tal schon die Lichter ausgingen, oder war da etwas mit ihm?

Widerfahrnis (Bodo Kirchhoff)