Alt und unverheiratet, dachte Pelletier. Einer von zahllosen alten, unverheirateten Deutschen. Wie die Junggesellenmaschine. Wie der Junggeselle, der plötzlich altert, oder wie der Junggeselle, der bei der Rückkehr von einer Reise in Lichtgeschwindigkeit die anderen Junggesellen gealtert oder zu Salzsäulen erstarrt vorfindet. Tausende, Hunderttausende von Junggesellenmaschinen, die Tag für Tag mit ALITALIA ein amniotisches Meer überqueren, auf dem Flug Spaghetti mit Tomatensoße essen und Chianti oder Apfellikör trinken, mit halbgeschlossenen Augen und fest überzeugt, dass das Paradies für Rentner nicht in Italien liegt (also auch nirgendwo sonst in Europa), unterwegs zu einem der chaotischen Flughäfen Afrikas oder Amerikas, wo die Elefanten ruhen. Die großen Lichtgeschwindigkeitsfriedhöfe. Keine Ahnung, wieso ich das denke, dachte Pelletier. Flecken an der Wand und Flecken an den Händen, dachte Pelletier und betrachtete seine Hände.

2666 (Roberto Bolano)

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Gefunden hatte ihn ein Matrose, der Danny Boodmann hieß. Er fand ihn eines Morgens, als schon alle von Bord gegangen waren, in Boston, er fand ihn in einem Pappkarton. Er wird so an die zehn Tage alt gewesen sein, älter nicht. Er weinte auch gar nicht, er lag still da, mit offenen Augen, in dieser großen Schachtel. Man hatte ihn im Ballsaal der ersten Klasse abgestellt. Auf dem Klavier. Allerdings sah er nicht aus wie ein Säugling erster Klasse. So etwas machten normalerweise die Auswanderer. Heimlich ein Kind zur Welt bringen, irgendwo an Deck, und es dann da aussetzen. Aber bestimmt nicht aus Bosheit. Das war Not, bitterste Not.

Novecento (Alessandro Baricco)